Beschluss der Vorstände von afa und EAG zur Gesetzlichen Rente

Die Vorstände von afa und EAG haben folgenden Beschluss gefasst:

1. Wir unterstützen das Modell der katholischen Verbände mit folgenden Anpassungen:

I. Der Beitrag der Arbeitgeber_innen in die 2. Stufe bleibt im Vergleich zum bisherigen System unverändert. Er beträgt damit aktuell 9,3 Prozent. Die Mehreinnahmen erhöhen den Rentenwert eines jeden Punktes von aktuell 21,54 Euro im katholischen Modell auf etwa 26,78 Euro (die Berechnung der 26,78 Euro erfolgte analog zu den 21,54 Euro des katholischen Modells).

II. Die 2. Stufe ist als Bürgerversicherung auszugestalten, in welcher alle Erwerbspersonen nach ILO-Definition versichert sind.

III. Die betriebliche Altersvorsorge bleibt eine freiwillige Zusatzversorgung, welcher innerhalb bestimmter gesetzlicher Rahmenbedingungen in der Verantwortung der Tarifparteien liegt.

Begründung:

a.) Wir wollen eine Stärkung des krisensicheren Umlageverfahrens. Einen staatlich geförderten Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge, zu welchen auch Betriebsrenten gehören, lehnen wir grundsätzlich ab.

b.) In Anbetracht der zunehmend gebrochenen Erwerbsverläufe und im Hinblick auf den Wandel durch die Digitalisierung, welchen diesen Trend voraussichtlich verstärken wird, erscheint eine Bürgerversicherung dringend angeraten. Nur so ist sichergestellt, dass alle Erwerbspersonen unabhängig von der Erwerbsform rentenversichert sind. Dies beugt Altersarmut durch Wechsel zwischen Erwerbsformen vor.

c.) Die Sockelrente ist ein Baustein, um Altersarmut zu verhindern.

d.) Erziehungs-, Pflege- und Bildungszeiten werden besser anerkannt. Dies stellt einen wichtigen Schritt in Richtung des sogenannten „Erwerbs-und-Sorge-Modells“ dar.
Nähere Informationen zum Modell der katholischen Verbände unter buendnis-sockelrente.de/material.

2. Wir fordern die Streichung des Riesterfaktors aus der Rentenberechnungsformel.

Begründung:

Vorsorgende werden damit getäuscht, dass sie zusätzlich etwas für ihre Altersvorsorge tun würden. Personen, die bereits in Rente sind, wird damit ein Teil ihrer erarbeiteten Rente vorenthalten. Diejenigen, die sich eine Vorsorge nicht leisten können, werden zusätzlich durch den Rentenabzug bestraft. Riester-Rentenanteile, die mühsam eingezahlt wurden, dürfen nicht auf die Berechnung der Grundversorgung angerechnet werden und müssen - unabhängig vom Renten- und Grundsicherungsanspruch - ausgezahlt werden!

3. Wir fordern keine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters.

Begründung:

Die Erhöhung des Renteneintrittsalters hat bisher gewirkt wie ein Rentenkürzungsprogramm. Solange nicht sichergestellt ist, dass ein längeres Erwerbsleben physisch, psychisch und ohne Reduzierung der Beschäftigungschancen im Alter effektiv möglich ist, so lange lehnen wir eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters ab. Es würde nur zu weiteren Rentenkürzungseffekten führen. Vor einer weiteren Erhöhung des Renteneintrittsalters müssen sowohl die physischen und psychischen Voraussetzungen als auch unverminderte Beschäftigungsmöglichkeiten bei gleichen Gehaltsbedingungen gegeben sein.

4. Wir fordern, auch im Hinblick auf zukünftigen Wandel der Arbeitswelt, die gesetzliche Rentenversicherung in eine Bürgerversicherung weiterzuentwickeln.

Begründung:

Ein Wechsel zwischen verschiedenen Erwerbsformen im Laufe eines Lebens führt heute bereits zu erheblichen Problemen, im Alter über auskommende Einnahmen zu verfügen. Dies zeigen unsere Erfahrungen in der Rentenberatung. Der mit der Digitalisierung prognostizierte Wandel in der Arbeitswelt, welcher zu noch stärker gebrochenen Erwerbsverläufen führen soll, macht es umso wichtiger, die Rentenversicherung in eine Bürgerversicherung umzuwandeln. Nur so ist eine grundlegende Alterssicherung unabhängig der Erwerbsform gewährleistet.

5. Wir fordern die Anpassung des Konzepts des Eckrentners mit dem Ziel, eine Person aus der Mitte der Rentner_innen besser abzubilden. Dabei soll statt des durchschnittlichen beitragspflichtigen Einkommens der Median des beitragspflichtigen Einkommens und statt der Pauschale von 45 Beitragsjahren die Anzahl an Jahren der durchschnittlichen Beitragszeiten und beitragsfreien Zeiten von Rentenzugängen zur Berechnung herangezogen werden.

Begründung:

Das Konzept des Eckrentners ist ein zentrales Maß bei politischen Diskussionen und Entscheidungen in Bezug auf die gesetzliche Rente. Das Konzept bezieht sich auf das durchschnittliche beitragspflichtige Einkommen aller Versicherten. Dabei wird angenommen, dass über 45 Beitragsjahre genau dieses Einkommen erzielt wird. Allerdings sind Einkommen statistisch sehr ungleich verteilt. Daher ist der Durchschnitt kein gutes Maß um einen normale oder durchschnittliche Person abzubilden. Zugleich erreicht kaum eine in der DRV versicherte Person 45 Jahre an Beitragszeiten und beitragsfreien Zeiten. Im Jahr 2017 lag der Durchschnitt an Beitragszeiten und beitragsfreien Zeiten für Männer bei 41,2 und für Frauen bei 34,6 Jahren. Beide Werte zeigen erhebliche Abweichungen zu 45 Jahren auf. Damit ist das aktuelle Konzept kein gutes Maß für politische Diskussionen und Entscheidungen. Es geht an der Lebenswirklichkeit einer Rentnerin, eines Rentners aus der Mitte der Gesellschaft weit vorbei. Nur weniger als ein Drittel der Renter_innen erhalten aktuell eine Rente über der Eckrente. Daher sind diese zwei Anpassungen dringend notwendig.

6. Wir fordern ein Rentenniveau von mindestens 50 Prozent und die Aufhebung der Beschränkung des Beitragssatzes auf 22 Prozent.

Begründung:

Die Rente soll nicht nur Altersarmut verhindern. Sie soll einen weitgehenden Erhalt des Lebensstandards im Alter sicherzustellen. Wer ein Leben lang gearbeitet hat soll, im Alter nicht nur das Existenzminimum erhalten. Renter_innen soll es möglich sein, ohne allzu große Einschnitte den Lebensstandard, die soziale Einbindung und Teilhabe beizubehalten.

7. Wir fordern niedrige Einkommen und Zeiten von Arbeitslosigkeit sollen in der Rentenversicherung mit mehr Punkten aufgewertet werden. Die Finanzierung hierfür hat vollständig durch Steuern zu erfolgen.

Begründung:

Die politisch gewollte Förderung des Niedriglohnbereichs hat für die Höhe der zukünftigen Renten erhebliche Auswirkungen. Menschen, welche zeitweise oder dauerhaft in diesem politisch gewollten Bereich Arbeit gefunden haben, sollen nicht im Alter alleine für ihre niedrigen Renten verantwortlich gemacht werden. Entsprechend sind die Anhebungen der Rentenpunkte durch Steuern zu finanzieren.
Für Menschen in Arbeitslosigkeit sollen ebenfalls Rentenpunkte generiert werden, damit gerade längere Zeiten der Arbeitslosigkeit sich nicht zu negativ auf die Rentenhöhe auswirken. Die Finanzierung hat durch Zahlungen der Arbeitslosenversicherung im ALG-I-Fall oder durch Steuermittel im ALG-II-Fall zu erfolgen.

8. Wir fordern, private Pflege- und Erziehungszeiten soll mit mehr Punkten honoriert werden. Die Finanzierung hat über die Pflegeversicherung oder/und durch Steuergelder zu erfolgen.

Begründung:

Die unentgeltlichen Leistungen für private Pflege- und Erziehungszeiten sind gesamtgesellschaftlich sehr wertvoll und entlasten die Finanzierung der Pflegeversicherung im Vergleich zu stationärer oder professioneller ambulanter Pflege. Personen, welche sich dieser ehrenvollen und anspruchsvollen Aufgabe stellen, sollen in der Rente keine Nachteile daraus ziehen.

9. Wir fordern einheitliche gesetzliche Rahmenbedingungen für Betriebsrenten, welche

a.) die Verwaltungskosten dramatisch reduzieren und beschränken,

b.) bei Arbeitgeberwechsel die Übertragbarkeit gewährleisten,

c.) verhindern, dass durch Betriebsrenten die Ansprüche aus der Gesetzlichen Rentenversicherung absinken,

d.) Betriebsrenten weder direkt noch indirekt subventionieren,

e.) Betriebsrenten konkurssicher machen und Betriebsrentenkürzungen verhindern.
Die Ausgestaltung der Betriebsrenten auf Basis eines einheitlichen Rahmenwerks soll weiterhin voll in der Verantwortung der Tarifvertragsparteien liegen.

Begründung:

Betriebsrenten sind immer kapitalgedeckte Rentenversicherungen. Standardisierungen bis hin zur Verwaltung durch öffentliche Einrichtungen können die Kosten, die im Zusammenhang mit dieser Rentenart unweigerlich entstehen, stark senken. Dies maximiert die daraus zu erzielenden Renten. Zugleich sollte bei Arbeitgeberwechsel eine Mitnahme der erworbenen Ansprüche beziehungsweise eine Fortführung der Einzahlungen des neuen Arbeitgebers möglich sein. Eine Gehaltsumwandlung die zur Reduzierung der Sozialabgaben führt lehnen wir ab. Diese verringert die Ansprüche aus der gesetzlichen Rente, sodass das gesetzliche Absicherungssystem damit ausgehebelt wird. Ebenso lehnen wir jegliche direkte oder indirekte Subventionierung der Betriebsrenten ab. Gelder, die hierfür aufgewendet werden müssten, stärken deutlich sinnvoller das Umlagesystem. Allgemein muss sichergestellt sein, dass Betriebsrenten konkurssicher und Kürzung der Betriebsrenten unmöglich sind.

10. Wir fordern die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von aktuell mindestens 13,86 Euro.

Begründung:

Der aktuelle Mindestlohn führt zu einem Rentenniveau, welches unter dem Niveau der Grundsicherung im Alter liegt. Laut Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 7. Mai 2018 gegenüber MdB Susanne Freschl, Die Linke, werden aktuell 29,5 Rentenpunkte benötigt, um eine Nettorente oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu erhalten. Im Jahr 2017 lag der Durchschnitt an Beitragszeiten und beitragsfreien Zeiten laut Deutscher Rentenversicherung bei Männern bei 41,2 und bei Frauen bei 34,6 Jahren. Um die 29,5 Rentenpunkte bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden über 41 Jahre versicherungspflichtiger Beschäftigung hinweg zu erreichen (Gleichstellung der Frauen im Erwerbsleben sowie dafür notwendige Rahmenbedingungen, die beide noch geschaffen werden müssen, angenommen), wäre aktuell rechnerisch ein Stundenlohn von 13,86 Euro erforderlich.